Ein entscheidender und häufig übersehener Faktor bei Menschen mit Demenz ist die richtige Beleuchtung. Sie kann sehr entscheidend sein für das Verhalten, die Gesundheit und die Lebensqualität.
Inhaltsverzeichnis
Unzureichendes Licht führt zu Stürzen – nicht nur bei dementen Menschen
Lichttherapie – Forschungsprojekt zu Effekten einer Lichttherapie bei dementen Menschen
Randbedingungen schaffen, wenn sie demente Angehörige zu sich nehmen
Licht und Raumgestaltung – wesentliche Elemente für demente Menschen
Unzureichendes Licht führt zu Stürzen – nicht nur bei dementen Menschen
Es besteht eine Korrelation zwischen schlechtem Sehen und Unfall- bzw. Sturzgefahr. Ältere Menschen stürzen häufiger, sicher liegt es daran, dass sie nicht mehr so wendig sind und der Gang unsicher ist, ein wesentlicher Punkt ist das schlechtere Sehen. Wer nicht so gut sehen kann, droht schneller zu stürzen. Probieren sie es aus, laufen sie mit einer Sonnenbrille nachts durch ihr Haus – das dürfte dem Sehen eines alten Menschen entsprechen. Dass eine gute Beleuchtung dies verbessert, liegt auf der Hand.
Die Wohnung mit Licht optimieren – was bringt das?
Demenzkranke sind oft verstört, der Prozess des Vergessens macht Angst. Schlechte Beleuchtung führt zusätzlich zu Unruhe. Und Unruhe ist mit Stress gleichzusetzen. Die eigene Wohnung ist lange der einzig sichere Ort, denn sie ist im Langzeitgedächtnis gespeichert. In der gewohnten Umgebung finden sich Betroffene noch recht lange zurecht. Die Wohnung gibt Sicherheit in der inzwischen unbekannten Welt. Was wir gemütlich und stimmungsvoll finden, ist nicht geeignet für demente Menschen.
Trotzdem kann es zu Irritationen kommen, wenn Schatten ängstigen, Lichtreflexe nicht zugeordnet werden können. Wenn wir bedenken, dass das Auge des älteren Menschen, Licht nicht mehr so gut wahrnimmt, die Welt wie durch eine getönte Brille erscheint, können wir uns das schon besser vorstellen. Der vertraute Flur kann in der Nacht Angst auslösen. Demente unterliegen häufig Sinnestäuschungen, so wird ein Schatten auch mal als Einbrecher fehlinterpretiert. Spiegelungen erschrecken, denn die Blendempfindlichkeit nimmt im Alter zu. Bewegungsmelder, die den Raum in schattenfreies Licht tauchen, sind eine große Hilfe. Um die eigene Wohnung möglichst lang als sicheren Ort zu bewahren, lohnt es sich, dem Thema Licht zu widmen.
So hilft eine schattenfreie Beleuchtung im Alltag
Schatten werden oft als unheimlich empfunden, nicht einordenbar. Mit einer schattenfreien Ausleuchtung fühlen sich demente Menschen sicherer. Lichtlösungen für diese Menschen benötigen keinen geplanten Schatten. Außerdem bewährt es sich auf Spiegel möglichst zu verzichten. Sie können beunruhigende Lichtreflexe verursachen: Alles erschreckende Situationen für Demente. Die Beleuchtung sollte eine Kombination aus direktem und indirektem Licht sein. In Kombination mit freundlich-pastellfarbenen Wänden und Möbeln wirken Räume heller und beruhigen.
Wirkungsweise von Cortisol – dem Lichthormon
Grundsätzlich sind ältere Menschen in den allermeisten Fällen zu wenig in der Sonne oder hellem Licht ausgesetzt. Aber ohne Licht funktioniert die innere Uhr nicht. Einwohner von Pflegeheimen gehören der Personengruppe an, die am meisten unter Lichtmangel leiden (Noell Waggoner 2002). Das hat leider Konsequenzen für den Schlaf-Wach-Rhythmus.
Um einen guten Schlaf-Wach-Rhythmus zu ermöglichen, ist ein der Tageszeit angepasstes Licht sehr wichtig. Circadianes Licht verbessert die Leistungsfähigkeit und steuert so den Hormonhaushalt. Licht mit hohem Blauanteil ist ein Wachmacher und mit hohem Gelb/Rotanteil hilft es zu schlafen. Das Schlafhormon Melatonin wird bei hellem blauen Licht nicht produziert. Ein Zeichen für einen unzureichenden Melatonin-Spiegel: Probleme beim Einschlafen, wir wachen nachts auf und schlafen unruhig. Hinzu kommt, wir sind tagsüber reizbar. Wer also bis spät abends zu blauem Licht ausgesetzt ist, tut sich schwer zu schlafen. Hier beißt sich die Katze in den Schwanz. Ältere Menschen produzieren zu wenig Cortisol und das kann stressanfälliger machen. Durch die Demenz sind Menschen leichter irritiert, sie geraten sowieso häufiger in Stress. In Stresssituationen benötigt der Körper viel Cortisol, um mit anfallendem Stress fertig zu werden. Hält der Stress weiter an, kann der chronische Stress dazu führen, dass sich die Nebennieren erschöpfen und immer weniger in der Lage sind, genügend Cortisol zu produzieren. Der Effekt, wenn nicht mehr genügend Cortisol produziert wird: Die Menschen sind häufig müde, sehr erschöpft, haben Schwierigkeiten, in der Früh „in die Gänge“ zu kommen und schlafen trotzdem schlecht.
Tagsüber schläfrig – was lässt sich tun
Demente sind tagsüber oft schläfrig. Mit angepasstem Licht können sie dem entgegenwirken. Dann ist die Nacht ruhiger. Es lohnt, das natürliche Licht zu imitieren. Das heißt bläuliches Licht am Morgen, warmweißes mittags und abends sollte der Rotanteil höher werden. Das belebt, verhilft zu einem guten Tag-Nacht-Rhythmus und minimiert Winterdepressionen. Es steiget tagsüber die Aufmerksamkeit und sorgt für erholsamen Schlaf. Die Zirbeldrüse produziert Melatonin, wenn die Beleuchtung stimmt.
Die Schläfrigkeit nach Tisch kommt nicht nur durch das Völlegefühl und dadurch, dass der Körper mit Verdauen beschäftigt ist, sie resultiert auch aus zu schwacher Beleuchtung. Es fehlt Cortisol. Dummerweise ist der Cortisol- Spiegel im höheren Alter sowieso schon niedriger. Immunzellen stellen zwar selbst aktives Cortisol aus inaktivem Cortison her, diese Fähigkeit nimmt mit dem Alter allerdings ab. Leider sorgt ein niedriger Cortisol-Spiegel dafür, dass wir mit Stress nicht gut umgehen können. Mit niedrigem Cortisol-Spiegel fühlen wir uns ausgebrannt und erschöpft. Dummerweise erholen sich ältere Menschen langsamer von Stress. Nun ist der Demente ja nun schon gestresst, er oder sie erkennt die Umgebung nur noch schlecht, es fehlen Wörter beim Sprechen, das heißt, er ist im Dauerstress. Angst ist ein großes Thema. Ausreichend Schlaf würde helfen, stimmt das Licht über Tag nicht, funktioniert das nicht.
Nachts Sicherheit schaffen – der sichere Gang zur Toilette
Nachdem demente Menschen oft nicht durchschlafen, ist es wichtig, dass sie nachts wissen, wo sie sind. Ein Nachtlicht hilft - aber nicht irgendeines. Angenehm sind LED-Strips, ein übliches Nachtlicht ist zu grell und kann irritieren. Ein Nachtlicht hilft bis zur Zimmertüre, im Korridor helfen Bewegungsmelder den Weg sicher zu machen. Auch hier ist schattenfreies Licht wichtig. Insbesondere mitten in der Nacht wirken Schatten bedrohlich und werden als reale Bedrohung wahrgenommen. Dabei darf das Licht nicht bläulich sein, ein angenehmes bernsteinfarbenes Licht ist ideal.
Morgens gut aus dem Bett kommen
Um morgens gut aus dem Bett zu kommen, ist ein Anstieg des Cortisolspiegels wichtig. Im Bad sollte das Licht morgens bläulich sein, das Auge ist als Lichtrezeptor verantwortlich, dass wir in die Gänge kommen.
Ist das Licht im Bad abends ebenfalls bläulich, dann ist die Bettschwere nach dem Zähneputzen verflogen und der Demente findet keinen Schlaf.
Lichttherapie – Forschungsprojekt zu Effekten einer Lichttherapie bei dementen Menschen
Das Projekt DEM.Light untersucht in wieweit Licht psychologische Symptome beeinflusst und die Schlaf- und Alltagsfunktionalität der Einwohner mit Demenz in Pflegeheimen verbessert. Im Rahmen des Forschungsprojekts von Professorin Flo und ihrem Team in Bergen (Norwegen) wurden Patienten mit 10.000 Lux jeweils kurz zu einer bestimmten Tageszeit angestrahlt. Bei den Teilnehmern wurden Körpertemperatur, Blutdruck und Puls kontrolliert aber auch z. B. Schlaf, Neigung zu Unruhe, Stimmung, Schmerzen beobachtet.
Besonders in den dunklen Wintermonaten fehlt das helle Licht, das aktiv macht. Sie kennen es sicher auch, in den Wintermonaten sind wir weniger aktiv. Im Winter sinkt dadurch der Serotonin-Siegel. Der Antrieb fehlt, wir werden etwas lethargisch und die Stimmung fällt ab, Winterdepressionen werden zum Problem. Schon der Arzt Aretaios sprach sich dafür aus 'Lethargiker in das Licht zu legen und den Sonnenstrahlen auszusetzen'.
Die Ergebnisse des Projekts könnten sicherlich auf die häusliche Pflege überragen werden, damit die erkrankten Menschen länger im eigenen Zuhause bleiben können.
Momentan orientieren sich Pflegeheime bei der Beleuchtung am DIN-Richtwert für den Arbeitsplatz: 500 lx auf Augenhöhe. Das ist zu wenig und es wird inzwischen eine höhere Beleuchtungsstärke gefordert.
Sonnenlicht hat bei
klarem Himmel zwischen | 20.000 und 130.000 lx |
bei bedecktem Himmel | 6.000 und 19.000 lx |
an einem Wintertag | 3.500 lx |
Beleuchtungsrichtwert Pflegeheim | 500 lx |
Randbedingungen schaffen, wenn sie demente Angehörige zu sich nehmen
Wer seine alte Mutter oder den Vater zu sich nimmt, sollte darauf achten, dass die Raumgestaltung für Demente geeignet ist. Also keine grell oder dunkel gestrichenen Wände, keine unruhigen Teppiche, keine harten Kontraste und dafür eine gut ausgeleuchtete Wohnung. Muster können durch Reizüberflutung verwirren. Achten sie auf Stolperstellen, Stufen oder hohe Schwellen sollten mit Lichtstrips kenntlich gemacht sein, stellen sie überflüssige Möbelstücke auch Dekorationen, über die der demente Mensch stolpern könnte in den Keller. Sonst erlebt man eventuell eine rapide Verschlimmerung der Symptome wie Angst, Unruhe, Depression und Aggression. Eine Raumbeleuchtung, die ihnen vielleicht übertrieben hell vorkommt kann für den Dementen gerade richtig sein und die so notwendige Sicherheit vermitteln. Mit fortschreitender Demenz, kann der Erkrankte sich selbst nicht mehr erkennen, dann machen Spiegel ebenfalls Angst. Die Verwundbarkeit von Menschen mit Demenz ist ungleich höher zu denen ohne Demenz.
Licht und Raumgestaltung – wesentliche Elemente für demente Menschen
Knallige Farben wirken verwirrend. Vielleicht auch das ein Grund, warum sich ältere Menschen gerne in warmen Beige kleiden. Gelb und Rot erzeugen Wellenlängen, die das Langzeitgedächtnis ansprechen. Somit werden dezent gelbe, lachs-, pfirsichfarbene Farbtöne als angenehm empfunden. Helle rötliche Farben sind positive, harmonisch und suggerieren Leben. Genauso unangenehm sind kontrastreiche Muster, die oft nicht als eine Fläche wahrgenommen werden können. Die Funktion eines Raumes erfordert eine besondere Beleuchtung in Kombination mit der farblichen Gestaltung der Räume. Das erleichtert den Dementen den Alltag. Demenzkranke bekommen im Laufe der Erkrankung meist Problem mit dem Sehen. Da ist eine gute Beleuchtung notwendig. Diese Menschen benötigen spezielle Lichtquellen. Licht vermittelt Sicherheit. Helles Licht und bessere Kontraste führen zu mehr Ruhe und kann sogar die Kommunikation verbessern.
Resumee
Natürlich lässt sich durch eine ideale Umgebung die Demenz nicht aufhalten, es erleichtert den Alltag allerdings ungemein,die depressiven Phasen sind oft kürzer. Eine Erleichterung für die Erkrankten und auch die Angehörigen. Licht gibt Orientierung, Sicherheit und stimuliert. Lichtmangel führt zu Angst, Stürzen, Apathie und Schlafstörungen. Sie werden oft als Krankheitsfolge angesehen. Sie können durch geeignete Lichtkonzepte beeinflusst werden.
Quellen
https://www.natur-nah.de/blog/licht-gesundheit-alter/lichttherapie-gegen- demenz-video https://www.vdk.de/deutschland/pages/themen/pflege/69935/farbe_und_licht_si nd_fuer_demenzkranke_wichtig
https://www.demenz-support.de/media/dessjournal_1_2010_korr_licht.pdf https://www.laborpraxis.vogel.de/zu-wenig-stresshormon-cortisol-laesst-uns- altern-a-945327/ https://www.foodspring.de/magazine/cortisol
Fotos: pixabay
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